Ich bin nicht gewollt
Glaubenssatz erkennen, bearbeiten und entscheiden

Hast du dich jemals gefühlt, als wärst du nicht gewollt? Diese quälende Überzeugung kann sich wie ein Schatten über alle Lebensbereiche legen und das tägliche Wohlbefinden beeinträchtigen. Genau diesem Gefühl stellte ich mich in einem Coaching, bei dem das Thema Ich bin nicht gewollt im Mittelpunkt stand. Es durchdrang mein Leben in vielen Facetten, und allein fand ich keine Antworten. Deshalb wandte ich mich an einen Coach, der mir half, diese tief verwurzelte Überzeugung zu erkennen und zu bearbeiten. Wir nutzten das Tool - Inneres Team, das in einem früheren Beitrag bereits vorgestellt wurde.
Die Situation dahinter
Zu dieser Zeit war ich in einer 3-monatigen Beziehung und war tatsächlich richtig unglücklich. Ich habe mich weder gesehen, noch verstanden gefühlt. Wenn wir mal Zweisamkeit hatten, war es immer sehr schön und in dieser Zeit hatte ich am Anfang seine volle Aufmerksamkeit. Diese Momente des Zusammenseins waren bereichernd und erfüllend, aber leider wurden tiefergehende Gespräche oft vermieden. Wir stiessen immer wieder auf bekannte oder neue Themen, die nicht angeschaut werden wollten.
Er hatte einen riesigen Garten, der Aufmerksamkeit brauchte. Er braucht Hilfe und ich den Ausgleich zu meiner sonst mentalen Tätigkeit. Ich konnte mich in dieser Zeit wieder neu finden und alte Vorlieben, neu entdecken. Konnte mich richtig auspowern und sehr viel neues von Ihm lernen. Wir haben viel zusammen gelacht und auch schöne Ergebnisse erzielt.
Wenn wir zusammen waren, hatte ich immer das Gefühl des Ankommens und richtig seins. Doch sobald ich weg war, verschwand jedes positive Gefühl, und ich konnte es mir nicht erklären. Daher kämpfte ich in dieser Beziehung ständig mit inneren Konflikten. Einerseits wollte ich, dass die Beziehung funktioniert, andererseits fühlte ich mich oft überwältigt von meinen und seinen Themen, die mir reihenweise entgegenkamen. Diese Konflikte führten zu einem ständigen Hin und Her in meinen Gefühlen.
Ich hatte am Anfang grosse Mühe, nicht alles aufarbeiten zu wollen. Ich habe hart daran gearbeitet, geduldig zu sein, mich immer wieder zurückzunehmen und mich dann auf meine eigenen Themen zu konzentrieren. Zugegebenermassen fiel es mir sehr schwer, doch ich bin daran gewachsen.
Erkenntnisse und eigene Fehler
Nach unserem Kennenlernen hatten wir eine entspannte Woche zusammen. In dieser Woche hatten wir keine Kinder und beide Urlaub, was uns genügend Zeit nur für uns gab. Unsere Themen haben sich jedoch bereits am zweiten gemeinsamen Wochenende geballt gezeigt. Normalerweise hat man einige Monate Verliebtheitsphase. Wir hatten lediglich eine Woche und danach die volle Bandbreite an Themen.
Am Anfang bin ich geflüchtet, weil ich von Emotionen überschwemmt wurde. Zu der Zeit hatte ich gerade erst gelernt mich von den Gefühlen anderer abzugrenzen. Es hat ihm immer wieder das Gefühl gegeben, dass ich sowieso gehen werde, dass er nicht gut genug ist und dass er nicht gewollt ist. Zudem habe ich mit Trennung gedroht, wenn er nicht an seinen Themen arbeiten würde. Dies kam aus meiner vorangegangenen Ehe und war immer noch eine tiefsitzende Angst. Dadurch habe ich unnötigen Druck aufgebaut.
Gemeinsame Kindheitserfahrungen
Wir hatten sehr ähnliche Kindheitserfahrungen. Da ich vorher nicht dazu bereit war, dies zu sehen, kamen mit jedem längeren Zusammensein neue Erkenntnisse ans Licht. Diese Erkenntnisse haben mir geholfen, die Dynamik unserer Beziehung besser zu verstehen und meine eigenen und seine Verhaltensmuster zu erkennen.
Reflexion und Veränderung
Ich habe alle Bereiche aufgearbeitet, habe Wiederholungen erkannt und seine Reaktionen darauf realisiert. Nachdem ich intensiv an meinen Themen gearbeitet und sie erfolgreich aufgelöst habe, hat sich mein Verhalten automatisch geändert. Die alten, negativen Muster, die mich dazu brachten zu flüchten oder mit Trennung zu drohen, verschwanden. Stattdessen reagierte ich auf natürliche Weise geduldiger und ruhiger in Konfliktsituationen. Diese Veränderungen passierten nicht über Nacht, sondern waren das Ergebnis tiefer Selbstreflexion und bewusster Arbeit an mir selbst. Wenn man sich negativen Verhaltensmuster bewusst wird, werden sie auflöst und man reagiert mit natürlichen Handlungsweisen automatisch im Alltag.
Leider denke ich, dass es schon zu spät war und unsere beiden Glaubenssätze und Erfahrungen einen enormen Schaden in der Beziehung und dem Vertrauen angerichtet haben. Mein anfängliches Flüchten und unter Druck setzen hat dazu geführt, dass er sich immer mehr von mir entfernt und keinen Sinn mehr in unserer Beziehung gesehen hat. Er konnte mit meiner Veränderung gar nicht mithalten und somit nach der Bearbeitung auch nicht verstehen, dass ich jetzt anders reagieren würde. Hinzu kamen seine eigenen negativen Erfahrungen aus seiner Kindheit und früheren Beziehungen. Ich habe diese zwar nicht bedient, vergessen und ignorieren konnte er sie dennoch nicht und hat sie auf mich umgelegt.
Ich bin nicht gewollt
Obwohl ich immer wieder neu aufgestellt in die gleichen Situationen zurückkehrte und dadurch besser oder anders damit umgehen konnte, blieb eine Situation unverändert: das Gefühl, Ich bin nicht gewollt und nicht wichtig zu sein.

Das Tool – Inneres Team hat mir einiges aufzeigen können. Ich musste feststellen, dass ich zweimal auf dem Tisch stand. Einmal als "Einhorn - Ich" und einmal als "Chamäleon – nicht gewollt". Am Anfang konnte ich mir auch nicht erklären, warum mein ICH so weit weg stand. Diese Gefühle, die dabei waren, kannte ich nur zu gut. In der Beziehung zu meinem Freund hatte ich allerdings positive vermisst. Somit kam auch die Frage auf: Welche Bedürfnisse sind denn überhaupt in meiner Beziehung erfüllt? – um ehrlich zu, hat es sehr lange gedauert, um diese Frage zu beantworten und es war lediglich das Bedürfnis nach Sicherheit und Ruhe, was nicht ausreicht, um eine Beziehung zu führen. Es hat erklärt, warum ich in diese Situation gekommen bin, allerdings nicht was gerade passiert.
Die Last der Vergangenheit
Als Kind habe ich immer wieder die Bestätigung dafür erhalten, dass ich nicht erwünscht und gewollt bin. Ich weiss heute, dass ich bereits in der Schwangerschaft meiner Mutter gespürt habe das ich nicht kommen sollte. Finanziell war es schwierig meiner Mutter wurde eingeredet, dass sie doch bereits ein Kind hat. Dies hat sich meine ganze Kindheit von Seiten meiner Mutter durchgezogen. Ich wurde vergessen, verachtet und abgeschoben. Der Glaubenssatz hatte sich so stark verankert, dass ich mir einen Freund gesucht hatte, der noch nicht einmal wusste, dass er mich nicht wollte. Für ihn war alles normal, nur für mich hat sich die Kindheit wiederholt. Ich wurde nicht verachtet, misshandelt oder geschlagen. Nur vergessen, nicht gesehen wie ich bin, nicht verstanden und war einfach nur da. Wenn wir uns nicht sehen konnten, war es egal. Ich wurde selbstverständlich und teilweise auch nervig, weil ich so viele Probleme mitbrachte, denen er sich auch noch widmen sollte.
Vom Chamäleon zum Einhorn
Mein Coaching hat mir offenbart, das mein Einhorn so weit aussen stand, weil ich diese Person bin und nicht mehr das Chamäleon, dass sich für jeden so anpasst wie ich sein soll. Ich war nicht mehr die kleine Anja, die in Umgebungen blieb, in denen sie nicht erwünscht war. Meine negativen Inneren Stimmen von früher konnten mich nicht mehr beeinflussen und mir erzählen, dass ich nicht gut genug bin und da nicht hingehörte. Dieser Mensch war ich nicht mehr. Ich bin jetzt das Einhorn, das selbst entscheidet, ob ich hier sein möchte oder nicht. Ich passe mich nicht mehr an, ich bin so wie ich bin und ich bin gut so, wie ich bin. Ich nehme Rücksicht und verliere mich dennoch nicht aus den Augen. Wenn ich merke, ich verliere mich, entschiede ich neu, ob das, was ich wollte / tu noch das richtige für mich ist.
Trennung
Die Zeit meiner kurzen Beziehung war wirklich intensiv: hart, aber auch schön zugleich. Bei jedem längeren Treffen sah ich Dinge die mir reflektiert wurden, die mir zuvor unbekannt waren – ob absichtlich ignoriert oder unbewusst übersehen spielt keine Rolle mehr für mich. Die entscheidende Überlegung bleibt: Möchte man sich diesen Wahrheiten stellen und sie annehmen sowie verändern oder lieber im Alten verharren? Seit Jahren strebe ich danach, alles zu erkennen und aktiv anzugehen! Meine Entscheidung zur Trennung basierte weniger auf meinen Gefühlen zu ihm, sondern; vielmehr kam sie zustande durch meine ständige Rücksichtnahme auf meinen Freund mit seinen eigenen Glaubenssätzen und Erlebnissen.
Beziehungen und Energie
Beziehungen funktionieren meiner Meinung nach nur in beide Richtungen. Wenn beide Seiten bereit sind, daran zu arbeiten und Energie zu investieren. Sobald eine Seite die Energie abzieht, und sich emotional aus der Beziehung entfernt, spürt das der andere und dieser fühlt sich nicht mehr als Teil davon. Auch wenn die eine Seite alles so belassen möchte wie es ist und die andere Seite voran geht, hat es den gleichen Effekt. Die Energie fliesst nicht mehr und die Beziehung verliert meiner Meinung nach ihren Halt.
Selbstsein und der Neubeginn
Für mich persönlich, habe ich die Entscheidung getroffen nur noch ich selbst zu sein und wenn ich das nicht kann, werde ich neu wählen und schauen, ob dies noch zu mir passt. In dem Fall hat es nicht mehr gepasst und ich habe neu gewählt. – Ich sage nicht das es leicht ist, gerade dann, wenn noch Gefühle vorhanden sind. Ich habe viele Jahre lang, sowohl in meiner Kindheit als auch in meiner Ehe, die Erfahrung gemacht, dass ich oft auf andere Rücksicht nehmen musste und dabei mich selbst vergessen habe. Diese Einsicht hat mir geholfen zu erkennen, dass ich immer wieder neue Entscheidungen treffen darf.
Es ist nicht nötig, mich ständig anzupassen;
wichtiger ist es, gut für mich selbst zu sorgen.
Abschlussgedanken
Meine Freundin aus meinem Blogbeitrag Es war nicht schlimm genug...
Hatte mir verschiedene Fragen gestellt, wie: warst du denn schon bereit für eine neue Beziehung? Hattest du deine alte denn nicht aufgearbeitet? Eine Frage, die sie nicht gestellt hatte, allerdings im Raum lag/hing: Warum gibst du schon wieder auf, du magst ihn doch? – diese Fragen und noch weitere haben mich wieder ins Zweifeln gebracht, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Zu hinterfragen, ob ich nicht hätte, länger warten sollen, ob ich wieder geflüchtet bin. Ob es meine Schuld ist, dass diese Beziehung nicht funktioniert hat.
NEIN – lasst euch von niemanden einreden, was hätte sein können, was ihr falsch gemacht haben könntet, dass IHR vielleicht hättet, geduldiger sein müssen, länger warten, mehr aushalten, mehr helfen oder nachsichtiger sein solltet.
NEIN – Diese Entscheidungen trifft man hoffentlich nicht einfach so, sondern aus verschiedenen Gründen und Gefühlen. Es dauert lang und ist ein Prozess.
Ich habe mich nicht gleich nach dem Coaching getrennt. Es waren noch einige Wochen dazwischen in denen ich Gespräche gesucht habe und nicht durchgedrungen bin. Erst eine andere Situation und die vollständige Erkenntnis, dass ich wirklich nicht wichtig bin, hat meine Entscheidung gefällt.
Es erfordert Mut, sich zu zeigen und nein zu sagen.
Es braucht Mut mit der Ablehnung der anderen umzugehen - oft sehen sie nur das Äußere ohne das Innere wahrzunehmen oder verstehen zu können.
Es braucht Mut neu zu reagieren und alte Verhaltensmuster zu hinterfragen.
Es braucht Mut wieder allein zu sein und einen wundervollen Menschen zu verlassen, der ein besserer Freund als Partner wäre.
Euer Leben gehört nur euch selbst;
lasst euch nicht von den Vorstellungen anderer leiten, wie ihr es führen solltet.

Fazit
Die Reise, sich selbst besser zu verstehen und negative Glaubenssätze zu überwinden, ist herausfordernd, aber lohnend. Es erfordert Mut, Ehrlichkeit und die Bereitschaft, sich selbst treu zu bleiben. Jeder Schritt, den du machst, bringt dich näher zu einem authentischeren Leben. Glaube an dich selbst und deine Fähigkeit, immer wieder neu zu wählen.
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