Glaubenssätze, Muster und Generationen

Über viele Jahre hinweg können Überzeugungen und Verhaltensweisen von einer Generation zur anderen weitergegeben werden – sie prägen unser Leben oft tiefgreifend. In diesem Beitrag möchte ich ein konkretes Beispiel nutzen, um zu verdeutlichen, wie solche Überzeugungen meine Klientin beeinflusst haben könnten. Es ist interessant zu sehen, wie Ereignisse aus der Vergangenheit auch heute noch spürbar sind; wir besitzen sowohl Kenntnisse als auch Mittel um alte Wunden – häufig über Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt – zu heilen! Solange jedoch ein Unrecht unberührt bleibt – sei es emotional oder physisch – wird dessen Einfluss durch unsere Gene an jede folgende Generation übertragen; erst wenn jemand bereit ist hinzuschauen, kann wirkliche Heilung stattfinden.
Das Thema meiner Klientin
Eine junge Frau in ihren Zwanzigern kam wegen eines Problems mit ihrer Familie zu mir. Sie fühlte sich von ihrem Vater nicht gewollt und hatte den Eindruck ersetzt worden zu sein – insbesondere nachdem ihre Mutter nach der Trennung einen neuen Partner gefunden hatte und erneut schwanger wurde. Auch ihr Vater fand eine neue Beziehung. Sie sagte: „Ich habe mich immer so gefühlt, als wäre ich nicht mehr wichtig und gar nicht gewollt. Er ersetzt mich einfach.“, was sich wie ein roter Faden durch all ihre Erlebnisse zog.
Während unserer Sitzungen fragte ich sie schließlich: „Wollen wir uns diesem Thema vielleicht intensiver widmen?“ Es schien etwas zu sein, das immer wieder auftauchte. Wir sind auf Spurensuche gegangen und konnten in Ihrer Vergangenheit und der Ihrer Eltern einiges entschlüsseln. Die Vermutung lag nahe, dass sie eventuell einen negativen Glaubenssatz wie «Ich bin nicht gewollt.» hatte.
Der Muskeltest als Werkzeug
Ich nutze ein Tool, das mir hilft, tiefere Einblicke in Hintergründe und Überzeugungen zu gewinnen. Dieses Tool nennt sich Muskeltest. Der menschliche Körper nimmt innerhalb von Sekundenbruchteilen äussere Reize auf und bewertet sie. Genauso schnell ist er in der Lage, eine Reaktion oder «Antwort» darauf zu geben. Dieses Reizaufnahme- und Verarbeitungssystem macht sich der Muskeltest zu Nutze. Er gibt sichtbar, z.B. durch Muskelreaktionen und fühlbar, z.B. durch Stärkereaktion oder Indikatorwechsel des Muskels «Antworten» auf gestellte Fragen. Hierbei ist es egal, ob es sich bei dem äusseren Reiz um eine Emotion, Person, Situation oder um einen Glaubenssatz handelt.
Der Glaubenssatz und seine Herkunft
Wir haben zunächst untersucht, ob dieser Glaubenssatz überhaupt existiert und wenn ja – woher kommt er. Ist es ein eigener Gedanke oder wurde er von den Eltern oder gar früheren Generationen übernommen? In dem Fall meiner Klientin handelte es sich um einen nicht eigenen Glaubenssatz; dieser stammte vielmehr aus ihrer familiären Linie über mehrere Generationen hinweg. Um solche Überzeugungen richtig zu entschlüsseln, gilt es sowohl persönliche als auch familiäre Überzeugungen loszulassen. Aus diesem Grund schauten wir uns jeden einzelnen Elternteil genauer an. Unser Unterbewusstsein hält viele Informationen fest – oft, ohne dass unser bewusster Verstand davon Kenntnis hat! Mithilfe des Muskeltests können wir sogar tief verwurzelte Informationen abrufen, die generationsübergreifend in unserer Erbfolge liegen.
Ihre eigene Kindheit
Leider hatte sie nur die Informationen der Mutter, da sie mit Ihrem Vater nicht darüber reden wollte. Ihre Eltern hatten sich getrennt, als sie gerade einmal 1 Jahr alt war. Ihre Mutter ist gegangen, weil Sie dem Vater nicht mehr vertraut hatte. Er hat versucht sie zu betrügen und es gab immer wieder Schwierigkeiten mit dem Geld. Es wurden von seiner Seite hohe Schulden aufgebaut, die er verheimlichte. Sie hatte das Gefühl für ihn nicht wichtig zu sein. Er hat sein Leben gelebt und sie stand mit ihrer Tochter allein da. Nach der Trennung kam Ihre Stiefmutter in ihr Leben, am Anfang war alles großartig, nur leider hatte die Steifmutter den neuen Mann nicht teilen wollen. Meine Klientin hat immer wieder das Gefühl bekommen «ich bin hier nicht gewollt.» Ihr Vater stand immer auf Ihrer Seite, wenn es Streit gab, dennoch hatte er keine Zeit für sie. Es gab immer hundert Dinge, die gerade wichtiger waren. Heute ist er weggezogen, hat eine andere Frau gefunden, die ebenfalls ein Kind hat. Kontakt hält er keinen und wenn dann ist er alles andere als herzlich. Sie weiss von der Oma, das er verletzt ist, wenn sie sich nicht meldet oder patzige Antworten gibt. Von seiner Seite kommt allerdings nichts, was den Anschein macht, dass sie in seinem Leben erwünscht wäre.
Die Mutter hatte ebenfalls neu geheiratet. Sie bekam eine neue Schwester in Ihrem Alter und noch einen neuen Halb-Bruder. Es gab oft Situationen, in denen Ihre Stiefschwester und der Halbbruder vom Steifvater und der Mutter vorgezogen wurden. In denen sie immer und immer wieder das Gefühl hatte hier nicht gewollt zu sein. Die Mutter hatte sich nach langer Zeit wieder getrennt, leider ist der Bruder mit zur Mutter gezogen und sie fühlt sich seitdem immer noch ersetzt und kann keine Beziehung zu ihm aufbauen. Auch hat sie in schwierigen Situationen immer noch das Gefühl von Ihrer Mutter nicht gewollt zu sein.
Spurensuche in der Vergangenheit
Väterliche Seite
Auf der Seite Ihres Vaters haben wir herausgefunden, dass ihn sein Vater mit 4 Jahren verlassen hat. Er ist in der Ehe fremdgegangen und wollte und konnte daraufhin seinen Sohn nicht mehr sehen. Es gab wohl ein Verbot durch die Mutter, auch der Hass, der durch den Betrug entstanden ist, hat es ihm schwer gemacht Kontakt zum Sohn zu halten. Mit dem Stiefvater hatte er sich nie wirklich verstanden und bis heute ist das Verhältnis eher frostig als wahrherzig. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist heute und die bewussten Jahre der Klienten sehr gut gewesen. Daher wusste sie gar nichts von dieser Vergangenheit.
Wir haben noch tiefer gegraben und herausgefunden, dass dieser Glaubenssatz ebenfalls sein Vater besessen hat. Zurückverfolgt haben wir die Linie 10 Generationen zurück. – Hier hat alles begonnen – ein betrogener Uropa, der verheiratet war und von seiner Frau betrogen wurde. Der vielleicht ein eigenes und ein Kuckuckskind hatte und somit der Glaubenssatz «ich bin nicht gewollt entstanden ist.» In Ihrem Fall wollte das Unterbewusstsein sehr viel wissen und hat erst diese Überzeugung losgelassen als wir alle entstanden Muster gefunden haben.
Diese waren: Ich bin als Mann nicht gewollt, weil ich zu wenig Geld und Erfolg habe. Ich bin nicht gut genug und ich werde immer Scheitern.
Meine Persönliche Überzeugung
Je nach Situation, entstehen dazu noch neue Überzeugungen. Nach meiner Überzeugung sind unsere Glaubenssätze in unserem Unterbewusst verankert und Verhaltensmuster treten immer wieder auf, wenn der Glaubenssatz angetriggert wird.
Die mütterliche Seite
Auf der Seite der Mutter gab es ebenfalls den Glaubenssatz «ich bin nicht gewollt.» Die Mutter hatte eine ziemlich gewaltsame und abweisende Kindheit und somit konnte sie diesen Glaubenssatz definitiv bestätigen. Dieser war ebenfalls von 10 Generationen zurück. Weiter geforscht, haben wir herausgefunden, dass die Oma ebenfalls vom Vater abgelehnt wurde und mehrheitlich bei den Grosseltern aufgewachsen ist und somit «nicht gewollt» war. Vor 10 Generationen gab es ebenfalls einen Uropa, der von seiner Frau betrogen wurde. Der Muskeltest hat ergeben, dass er wahrscheinlich den Betrug seiner Frau bemerkt hat und die Kinder deswegen abgelehnt hat, da er sich nicht sicher war, ob sie von ihm stammen.
Glaubenssätze realisieren und Lösen
Der Klientin blieb nicht erspart sich nochmal intensiv mit ihrer eigenen Kindheit zu befassen, um Ihr Verhalten und das der anderen zu verstehen. Wir haben eine Aufstellung gemacht, in der sie mit einem gewissen Abstand Situationen aus der Vergangenheit besser betrachten konnte. Somit war sie nicht in den negativen Gedanken gefangen, sondern, konnte auch die anderen Parteien anschauen und verstehen.
Nachdem der Klientin die übernommenen Glaubenssätze bewusstwurden, konnte sich ein schwerer Stein von Ihren Schultern lösen. Muster, die sich durch diese Glaubenssätze bei Ihr gebildet hatten, werden bewusst wahrgenommen und verständlich. Verhalten von den Eltern wird nachvollziehbar. Alte schmerzende Emotionen, die sich über Jahre hinweg angestaut hatten, konnten sich nun lösen und sie konnte loslassen. Ein neuer Gedanke kann entstehen.
Wenn es um Muster geht
Ich vergleiche das oft mit Autobahnen. Wenn wir ständig derselben Route (einem Gedanken oder einem bestimmten Verhalten) folgen, wird es keine Veränderung geben. Das heißt, dass unser Ziel immer das gleiche sein wird, solange unser Verhalten unverändert bleibt.
Erst wenn wir aktiv neue Wege einschlagen,
können wir auch andere Ziele und Verhalten erreichen.
Wenn uns bestehende Muster bewusstwerden, können wir etwas verändern und eine Situation ins positive Wenden, einfach nur weil wir anders an die Sache herangehen und somit auch anders handeln.
Das Leben fordert einen Ausgleich für die Schuld
Es ist meine persönliche Überzeugung, dass das Leben einen gewissen Ausgleich für jede Schuld fordert. Nur wenn dieser Kreislauf durch Heilung unterbrochen wird – wie hier nach zehn Generationen – hört die Wiederholung auf. Wenn jemand in einer bestimmten Generation betrügt, geschieht ein ausgleichender Betrug durch die nächste Person dieser Linie. Die Mutter war die Betrogene; danach hat ihr Sohn (der Vater meiner Klientin) selbst zu Unrecht gehandelt und damit die Gefühle «ich bin nicht gewollt» an seine Partnerinnen sowie Kinder weitergegeben.
Wenn die Klientin alle Glaubenssätze und Muster in diesem Zusammenhang, die Ihre Generationen vorher betreffen ausfindig macht und auflösen kann, dann hat sie die Möglichkeit auf eine glückliche, erfüllte Beziehung mit Ihrem Partner. Ich sage nicht das dies einfach ist, das ist es wirklich nicht, allerdings kann sie das Verhalten Ihrer Eltern als Spiegel verwenden und somit auch für diese verborgene Glaubenssätze und Muster ausfindig machen.
Wir suchen uns den Partner aus, der uns unsere Kindheit spiegelt, um uns aufzuzeigen, was geheilt werden möchte.
Bei meiner Klientin ging es um ihr Thema «ich bin nicht gewollt» Allerdings gibt es noch mehr zu betrachten und zu lösen. Wir hatten auch Ablehnung, scheitern, Geld und Erfolg, Fremdgehen, Kuckuckskinder, Trennung und so weiter. All diese Themen werden sich immer wieder wiederholen bis sie bereit ist, sich damit auseinander zu setzen. Sie wurde von ihren Eltern nicht gewollt und nun lehnt sie Ihren eigenen Halbbruder ab und gibt ihm wahrscheinlich den Glaubenssatz, zusätzlich zu den Eltern damit weiter. In Ihrer Familie ist das Thema Fremdgehen, sehr oft verankert, es kann passieren, dass sie ebenfalls von Ihrem Partner oder Freunden betrogen wird, um hier den Ausgleich zu schaffen.
Fazit
Durch die Arbeit mit meinen Klienten und mir selber sehe ich immer wieder, wie tief verankerte Glaubenssätze unsere Wahrnehmung und unser Leben beeinflussen können. Die Auflösung dieser Muster eröffnet neue Möglichkeiten für ein erfüllteres und selbst bestimmtes Leben.
Diese aufzulösen und ausfindig zu machen, sind nicht einfach. Es ist ein holpriger Weg, der auch sehr viel Herzschmerz auslösen kann. Als Dank für diese Arbeit, kommt die Heilung, kommen neue positive Erfahrungen, kommen zu uns Dinge, Menschen und Situationen, die uns mit unseren Glaubenssätzen nicht möglich gewesen wären.
Einfach nur deshalb, weil wir die Welt um uns herum anders betrachten, anders handeln und anders wahrnehmen.
Mit meinem Blog möchte ich nicht vermitteln, dass alte Muster und Glaubenssätze als Rechtfertigung für Betrug und Ablehnung dienen können und dass alles aus der Vergangenheit stammt. Meiner Ansicht nach trägt jeder Einzelne die Verantwortung für sein Handeln und hat jederzeit die Möglichkeit, aus einer unglücklichen Situation auszusteigen. Wenn jemand das Gefühl hat, z.B. nicht gesehen, nicht gewollt oder allein ist, kann er entscheiden, diese Situation zu verlassen und nach Veränderungen zu streben. Jeder ist verantwortlich für das, was er tut und für das, was er nicht tut. Es gibt immer zwei Perspektiven und nichts passiert einfach so.
Jeder kann zu jeder Zeit, seine Entscheidung ändern
und neue oder andere Wege gehen.
Die Entscheidung,
es anders zu machen,
ist bereits ein neuer Weg.

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